Team Energiewechsel: Erneuerbare Energien in der Industrie

Vormittags stauen sich die Lastwagen vor der Holzmühle Westerkamp. Auf der Ladefläche befinden sich Sägespäne, Holzhackschnitzel und ganze Baumstämme von Kiefern, Lärchen und Fichten. Sie fallen nicht nur in Mühlanlagen, die daraus feines Holzmehl für vielfältige Produkte gewinnen. Ihre Reste, wie Äste und Wurzelholz, also minderwertige Baumteile, die für die Produktion nicht geeignet sind, kommen in eine moderne Holzhackschnitzelheizung. Diese ersetzt die frühere Ölheizung. „Das spart uns jährlich 4.215 Tonnen CO2 im Vergleich mit fossilen Brennstoffen“, erklärt Ute Goossens, zuständig für das Energie- und Umweltmanagement. Holz gehört zu den Erneuerbaren Energien, weil es nachwächst. Das Holz stammt vorwiegend aus nachhaltigem Waldbau im Umkreis von 200 Kilometern.

Betriebsleiter Thomas Wempe schaut in das „Tor zur Hölle“, die Klappe zum Heizungsofen. Wärme schlägt ihm ins Gesicht, das Feuer glüht fleißig. Diese Heizung feuert einen Bandtrockner an, der die Holzhackschnitzel auf dem Förderband für die spätere Produktion vortrocknet. Die dabei entstehende Wärme entweicht nicht etwa in die Luft – sie fließt in den Wärmekreislauf zurück, wodurch ein Drittel an Energie und Ressourcen eingespart wird.

Hände halten Holzreste

© Christine Cimen

Holzreste kommen aus der Holzmühle

© Christine Cimen

Nicht nur die Abwärme aus dem Bandtrockner nutzt die Mühle als Energiequelle. Auf dem Dach der Lagerhallen und Verwaltungsgebäude werden gerade 2.400 Solarpaneele installiert, um damit Strom zu erzeugen. Und selbst die Abwärme aus den Druckluftkompressoren, die das Rohmaterial durch den Produktionsprozess von unten nach oben pusten, wird gespeichert. Sie wird zur Erwärmung der Sozialräume und des Duschwassers wiedergenutzt. „Unser Ziel ist es, aus der eingesetzten Energie so viel wie möglich herauszuholen und nichts zu verschwenden“, erklärt Ute Goossens.

„Für viele Haushalte kaum vorstellbar“

Die Holzmühle Westerkamp ist ein gutes Beispiel dafür, wie Industrieunternehmen ihre Abwärme effizient nutzen können, durch eine ergänzende eigene Stromproduktion unabhängiger vom Strommarkt werden – und wie sie so auf fossile Energien immer mehr verzichten können.

Damit aus Baumstämmen und Holzhackschnitzeln feinste Holzmehle werden, benötigt eine Mühle besonders viel Energie. Rund 16 Gigawattstunden Strom und 15,15 Gigawattstunden Wärme im Jahr, berichtet Ute Goossens. Eine Gigawattstunde – das sind eine Million Kilowattstunden. „Für viele Haushalte kaum vorstellbar.“ Auf dem Gelände vermahlen, verpressen, zerkleinern und sieben die Maschinen und Mitarbeitenden im Drei-Schichtsystem an sechs Tagen die Woche. Aus den Holzbeständen werden Bio-Kunststoffe, zum Beispiel für Outdoor-Möbel, Terrassendielen, oder Fassadenverkleidungen. Auch Zellulose-Ballaststoffe für Futtermittel für Rinder und Schweine werden hieraus gefertigt.

Blick von oben auf Truck mit Holzstämmen und Dach mit Solaranlage

© Christine Cimen

„Unser Firmenmotto lautet ‚Von der Natur – für die Natur‘. Nur, wenn wir mit unseren Rohstoffen sorgsam umgehen, können folgende Generationen das Unternehmen erfolgreich fortführen“, erklärt Ute Goossens. Seit 1956 besteht die Holzmühle, Geschäftsführer Arnold Westerkamp leitet das Familienunternehmen in der dritten Generation.

Energiesicherheit dank Erneuerbarer Energien

Schon vor über zehn Jahren hat sich Arnold Westerkamp mit der Energiesicherheit beschäftigt. „Wir wollen uns lieber selbst versorgen als abhängig zu sein.“ Für den Bandtrockner und die Heizung investierte er 2,4 Millionen Euro, davon stammten 25 Prozent aus öffentlichen Fördermitteln. Jetzt plant er, mit weiteren lokalen Unternehmen in Geothermie zu investieren. Und dank der neuen Windrad-Gesetze, die den Bau näher an Wohngebieten erlauben, könnte sich bald ein Windrad an der Mühle drehen. „Spätestens in fünf Jahren wollen wir unseren gesamten Strom komplett hier vor Ort selbst herstellen.“

Ute Goossens neben einem Stapel mit Holzstämmen

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Inhaber Arnold Westerkamp im Büro vor dem Computer

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